Festgeld in Österreich – Alternative zum Sparbuch

Festgeld in Österreich – Alternative zum Sparbuch
Photo by Towfiqu barbhuiya / Unsplash

Über Jahrzehnte hinweg wurden den Österreicherinnen und Österreichern zwei Eigenschaften zugesprochen, welche nicht nur ein Vorurteil à la Lederhose darstellten. Die Bewohner der Alpenrepublik gelten als gemütlich und sparsam. Doch vor allem das zweite Hobby der Österreicher, das Sparen, scheint derzeit kaum belohnt zu werden. Die Sparbücher der klassischen Filialbanken bieten Zinssätze, die angesichts der Inflation nur mehr ein Verlustgeschäft bedeuten. Pro Person kann auch nur ein Bausparvertrag mit den attraktiven, staatlichen Prämien abgeschlossen werden. Ist es also um die Sparsamkeit der Österreicher geschehen und folgt als nächstes Opfer der Moderne ebenfalls die Gemütlichkeit? Nein – Sparen kann sich weiterhin lohnen. Es dürfen nur die Augen vor den neuen Möglichkeiten nicht verschlossen werden.

Welche modernen Anlageformen existieren heute?

Die Finanzmärkte wurden in den letzten 10 bis 15 Jahren buchstäblich auf den Kopf gestellt. Kreditzusagen erfolgen über das Netz praktisch sofort. Der Zugang zum Interbankenhandel, beispielsweise im Forex-Bereich, wird heutzutage auch privaten Tradern und nicht nur den Fachkräften der Bankhäuser ermöglicht. Doch vielen ist das hart verdiente Geld zu wertvoll um es beim Daytrading oder auch nur an der Börse zu verzocken.

Hinweis: Zunehmend dominiert ohnehin nur mehr der Hochfrequenzhandel das Parkett der Weltbörsen. Computer handeln bei den sogenannten „flash trades“ ganz automatisiert und generieren dabei oft tausende Order pro Sekunde. Die Programme müssen dafür auch gar nicht die Bilanzen der Firmen oder deren Gewinnpotential analysieren. Ganz nach dem berühmten Prinzip von Keynes (sinngemäß: Wer weiß, was die durchschnittliche Meinung als durchschnittliche Meinung ansieht, hat Erfolg an der Börse) analysieren die Trading-Programme nur die anderen Order des Marktes in Echtzeit und passen darauf die eigenen Käufe und Verkäufe an. Wer will sich schon in dieses Raubtiergehege begeben?

In Österreich boomen viel eher sichere, langfristig angelegte Sparformen. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Betrachtung der Vermögensverteilung der privaten Haushalte. Von 566 Milliarden Euro befinden sich grob 85 Milliarden in täglich fälligen Anlageformen (Tagesgeldkonten etc.) und ganze 130 Milliarden in gebundenen Einlagen, wie etwa das Festgeld. Nur rund 22 Milliarden des Vermögens der privaten Haushalte wurde in Aktien (börsennotierte und außerbörsliche) investiert.

Quelle: https://www.oenb.at/Publikationen/Statistik/die-aktuelle-zahl/Archiv/2014/566-mrd-euro.html

Folgende (gängige) Sparformen gibt es derzeit:

  • Kapitalsparbuch
  • Festgeld
  • Tagesgeld
  • Bausparvertrag
  • Aktien
  • Lebensversicherungen
  • Edelmetalle

Ein Tagesgeldkonto kombiniert dabei die Vorteile einer langfristigen Veranlagung (Sicherheit, Ertrag) mit einer verhältnismäßig kurzen Laufzeit.

Welche großen Vorteile besitzen Festgeldkonten?

Wir haben nun fest gestellt, dass Sparbücher mit einem halben Prozent Zinsen und weniger das eigene Vermögen eher langsam aufzehren. Viele Alternativen sind jedoch zu riskant für Normalbürger ohne entsprechende Kenntnisse über die internationalen Finanzmärkte. Es existiert jedoch eine Anlageoption, die vernünftige Sicherheit mit vernünftigen Renditen verbindet. Die 130 Milliarden Euro der österreichischen Haushalte, die bereits in gebundene Einlagen investiert haben, werden sich wahrscheinlich nicht irren und erhalten den Ruf der Alpenrepublik als Land der Sparefrohs. Das bereits erwähnte Stichwort lautet Festgeld. Doch was bedeutet dieser solide klingende Begriff eigentlich genau?

In ein Festgeldkonto wird meist einmalig eine bestimmte Summe eingezahlt, die über die Laufzeit nicht als liquide Mittel benötigt wird. Das Geld ist nach dieser Definition fest angelegt und daher rührt auch ganz direkt der Name. Die Feste Bindung besitzt nämlich für den Anbieter des Kontos einen wesentlichen Vorteil. Das Kapital muss nicht ständig zur Auszahlung bereit liegen und kann folglich viel freier zur Generierung von Renditen genutzt werden. Diese Planungssicherheit bezahlen die Finanzinstitute mit höheren Zinsen als bei vielen Sparbüchern.

Hinweis: Wer nicht gleich das erstbeste Konto wählt, sondern ein wenig Zeitz in das ordentliche Vergleichen steckt, kann sogar noch mehr herausholen.

Derzeit (Oktober 2016) zahlen die Top-Anbieter auf dem Markt bis zu 1,770 Prozent pro Jahr auf das eingelegte Kapital (bei einer Bindungsfrist von 12 Monaten). Mindestens einen Prozent zu bekommen ist nicht schwer. Bei einer Bindung von 48 Monaten und mehr sind sogar Angebote mit einem Zinssatz von 2 Prozent zu finden. Trotzdem ist das Kapital durch die Einlagensicherung bis zu einem Betrag von 100.000 Euro komplett vor jeglichen Verlusten (zB durch Spekulationen) geschützt. Trotz der hohen Sicherheit und der höheren Zinsen existieren aber auch Nachteile.

Tipp: Jeder Finanzberater wird empfehlen, das eigene Vermögen diversifiziert anzulegen und einen Teil davon für Festgeldkonten zu reservieren. Daran sollte man sich auch trotz der folgenden Nachteile halten. Das investieren in nur eine Anlageform bietet immer das höchste Risiko. Außerdem bietet es sich auch an ein Festgeldkonto auf dem Weg zum Aktienhandel anzulegen. Auf die Börse sollten sich nämlich nur Investoren mit 10.000 Euro oder mehr verfügbarem Kapital wagen, damit die Gebühren nicht zum Verlustgeschäft werden und sich ein ordentliches Portfolio zusammenstellen lässt. Das Festgeldkonto kann dabei helfen, dieses Startkapital anzusparen.

Welche Nachteile birgt die Anlage in Festgeld?

Das größte Problem tritt bestimmt auf, wenn sich der Sparer verrechnet hat und doch früher an sein Geld muss. Obwohl die Möglichkeit besteht, das Festgeldkonto frühzeitig aufzulösen, müssen in diesen Fällen oft empfindliche Strafzahlungen oder rückwirkend verringerte Zinsen in Kauf genommen werden.

Ein weiterer Nachteil sind die verhältnismäßig höheren Summen im Vergleich zu anderen Sparformen. Bei einem Bausparvertrag werden einfach monatlich 100 Euro abgebucht und bei anderen Sparformen sind weitaus geringere Beträge üblich. All das passt leicht in ein normales Haushaltsbudget. Ein Festgeldkonto wird meist nur erwogen, wenn 5.000 Euro oder weit mehr beiseite gelegt werden sollen.

Hinweis: Die meisten Anbieter geben bestimmte Grenzen für die Summen vor, die auf einem Festgeldkonto veranlagt werden können. Meist reicht die Bandbreite von 5.000 Euro bis 100.000 Euro.

Außerdem ist die Verzinsung trotz der höheren Zinssätze nicht immer ideal gestaltet. Es können relativ wenige Zinstermine pro Jahr vorgesehen sein, was wiederum die Sparwirkung mindert und in den meisten Fällen werden die Zinsen, anders als bei klassischen Sparbuch, nicht dem Festgeld zugerechnet, sondern auf das eigene Girokonto ausgezahlt. Ein weiterer Sonderfall wäre nur eine endfällige Ausschüttung am Ende der Laufzeit. Es existiert kein Zinseszinseffekt. Gerade diesen letzten Umstand müssen sich Sparer, die bisher an ihr Sparbuch gewöhnt waren, ständig vor Augen führen. Viele dieser Nachteile lassen sich jedoch durch den Faktor Zeit reduzieren.

Hinweis: Das berühmte Beispiel des Josef-Pfennig zeigt sehr anschaulich wie stark der Zinseszins-Effekt über die Zeit sein kann. Bei diesem anschaulichen Beispiel wird angenommen, dass Jesus im Jahre Null einen Cent auf die Bank legt. In vielen Beispielen wird mit 4 Prozent Verzinsung gerechnet und es kommt ein lächerlich hohes Ergebnis heraus. Angesichts der aktuellen Zinslage beschränken wir uns auf 1 % Verzinsung. Auch hier kommt noch ein Vermögen von über 5 Millionen Euro (5.150.976,23 €), welches aus dem Cent bis zum Jahr 2016 entstanden ist, als beeindruckendes Ergebnis heraus.

Welche Laufzeit sollte für Festgeld gewählt werden?

Viele der dargestellten Nachteile des Festgeldkontos entstehen durch falsch gewählte Laufzeiten. Je länger der Zinseszinseffekt nicht auftritt, desto größer werden die Verluste. Je weiter in die Zukunft geplant wird, desto schwieriger wird es die Liquidität auch richtig einzuschätzen. Auf der anderen Seite locken längere Laufzeiten mit höheren Zinsen. Deshalb muss diese Frage sorgfältig abgewägt werden und ist nichts Geringeres als eine Gratwanderung. Wer genug Kapital zur Verfügung hat, kann sich auch für zwei Festgeldkonten mit unterschiedlichen Laufzeiten entscheiden.

Hinweis: Die maximale Laufzeit beträgt bei vielen Anbieter 10 Jahre, sprich 120 Monate.Tipp: Als Faustregel darf gelten, dass sowohl 12 Monate sowie 24 Monate besonders vorteilhafte Laufzeiten darstellen. Von längeren Laufzeiten darf eher abgeraten werden, denn schließlich kann das Kapital nach dem Ende der vereinbarten Zeitdauer neu angelegt werden – vielleicht auch in einer komplett neuen, lukrativen Zinssituation. Die Verzinsung gilt beim Festgeld in der Regel nämlich als fix.

Welche Alternativen existieren zum Festgeld?

Diesen Punkt haben bereits angesprochen und viele andere Anlageformen ausgeschlossen, da sie einer völlig anderen Risikoaversion entsprechen bzw. etwas veraltet sind, wie das Sparbuch. Schließlich sollte niemand sein Vermögen von der Inflation auffressen lassen und wer ohnehin ins Daytrading einsteigen möchte, der wird sich selten zuerst zum Thema Festgeldkonto informieren. Doch eine spannende Alternative zum Festgeld darf nicht übersehen werden: Das Tagesgeld.

Tagesgeldkonten gleichen in vielerlei Hinsicht den Festgeld-Varianten. Nur ein wesentlicher Unterschied darf bei der Anlageentscheidung nicht vernachlässigt werden. Das veranlagte Kapital ist ständig liquide. Damit fallen alle erwähnten Nachteile von vorne herein weg. Die Zinsen sind zwar nicht ganz so hoch, aber für Normalbürger ist die Liquidität meist doch ein wichtiges Argument.

💡
Tipp: Wer das Tagesgeldkonto schon ausreichend gefüllt hat (2 Monatsgehälter gelten als Richtwert), kann in dieser Situation nochmal ausgiebig über das Festgeldkonto nachdenken.